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Freitag, März 23, 2012

Die Woseriner Pflasterstraße - kein (gutes) Ende?

Seit über 12 Jahren setzt sich der "Verein zum Erhalt und zur Sanierung der Woseriner Pflasterstraße e.V." für den Erhalt des 150-jährigen Kulturdenkmals, eben der Pflasterstraße, ein. Aber alle guten Argumente bewirken nichts, die Tiefbaulobby kennt keine Gnade - nicht mit der Straße und nicht mit den engagierten Bürgern. Kaum ist ein Argument pro Straßenbauneubau widerlegt, schon wird ein anderes aus einem ganz anderen Themenkreis aufgetischt. Für außenstehende, aufmerksame Beobachter sieht das nach einer Zermürbungsstrategie aus. Das aktuelle Kapitel des Verwirrspiels hat der Verein in der nachstehenden zitierte Pressemitteilung geschildert:

Auf der Informationsveranstaltung am 27.2.2012 im Gemeindehaus Borkow zum Ausbau der Lindenstraße in Woserin wurden vom Planer die Straßenausbaupläne öffentlich vorgestellt.

Danach soll die Ausbaubreite inclusive überfahrbarer Bürgersteig 5 m betragen. Zusätzlich sind an jeder Seite Bankette in einer Größe von 0,50 m vorgesehen.

Am nächsten Tag suchte der Planer Herr Hilgenstock eine Grundstückseigentümerin in Woserin auf, deren Grundstücksgrenze sich nah am Straßenkörper befindet.

Im Rahmen dieses Besuches stellte sich heraus, daß ein zusätzlicher Schotterstreifen von 1,40 m gebaut werden soll.

Dadurch würde sich die Ausbaubreite der Straße auf mindestens 6,40 m erweitern und sich somit der gesamte Straßenkörper in Richtung Vorgärten verschieben, so daß das örtliche Dorfbild noch mehr zerstört werden würde.

Wir sind mit dieser neuen Ausbauabsicht nicht einverstanden und lehnen sie ab.

Ziel der Flurneuordnung ist u.a. "der Erhalt von örtlichen Dorfbildern".

Dieser 1,40 m breite Schotterweg war auch im Staatlichen Amt für Landwirtschaft und Umwelt (Stalu) in Schwerin nicht Teil der ausgelegten Unterlagen auf dem Anhörungstermin aller Träger öffentlicher Belange am 19.12.2011.

Wir stellen fest, daß auch wir als Bürgerinnen und Bürger auf der Informationsveranstaltung am 27.2.2012 falsch informiert wurden.

Wir fordern eine Stellungnahme der Gemeinde Borkow und des Bauamtes Sternberg zu diesen neuen Plänen.

Wir fordern eine neue Informationsveranstaltung mit Offenlegung der tatsächlich beabsichtigten Ausbaupläne für die Woseriner Lindenstraße.

Natürlich ist die Schweriner Volkszeitung an einer Veröffentlichung dieser Pressemitteilung (PM) nicht interessiert (warum eigentlich nicht?), natürlich dementieren Bauamtsleiter und Planer die aktuellen und von den öffentlilch vorgestellten Informationen abweichenden Aussagen - allerdings sehr halbherzig. Der Straßenneubau würde ausschließlich im Bereich des Straßenflurstückes erfolgen, angrenzende Grundstücke der Anlieger würden nicht überbaut. Davon steht ja auch nichts in der PM, nur vom "Verschieben in Richtung Vorgärten"! Nicht "auf die Vorgärten"! Und wenn dieses Verschieben innerhalb des Straßen-Flurstückes nicht stattfindet, wenn kein Schotterstreifen zusätzlich gebaut wird, wenn das "alles Quatsch" ist (Planer-Aussage zur PM), warum haben Sie dann der Vereinsvorsitzenden diesen Quatsch erzählt, Herr Hilgenstock? Soll der Verein durch solche Fehlinformationen, auf die er natürlich reagiert, als unglaubwürdig hingestellt werden? Rein zufällig kurz vor dem Ortstermin des Petitionsausschusses im Landtag M-V? Ach, die Liste der Fragen ist sehr lang und hier gar nicht unterzubringen. Kürzen wir es ab: Ist die Vernichtung der historischen Pflasterstraße in Woserin eventuell Ausdruck dafür, dass der Dortmunder Bürgermeister doch recht hat, wenn er feststellt:

Der Osten ist mittlerweile so gut aufgestellt,

daß die dort doch gar nicht mehr wissen, wohin mit dem Geld

Eines wissen die hiesigen Entscheidungsträger mit Sicherheit nicht: Dass Straßen mehr sind als ein Objekt für Tiefbauunternehmen - gerade in einem so dünn besiedelten und vom demografischen Wandel besonders stark gebeutelten Flächenland wie Mecklenburg-Vorpommern. Ihnen seien die Worte von Gerda Stachowitz (ECOVAST) ins Stammbuch geschrieben:

"Jeder Pflasterstein ist ein Stückchen eigene Dorfgeschichte! Sie zu erhalten heißt sich selbst treu bleiben. Die Straße im Dorf muß Lebensaum bleiben, Treffpunkt und Verbindung sein. Rasende Autos zerschneiden diese Verbindung, aus dem 'Miteinander' wird ein 'Gegenüber'" (Mecklenburger Dörfer. Was kommt - was bleibt?

Mit einem Vorwort des Prädidenten der Architektenkammer M-V), in dem es u.a. heißt:

"Die Dörfer haben ... aus ihrem inneren Wert heraus ... Vorzüge, Chancen und Entwicklungsmöglichkeiten. Diese sind insbesondere durch die enge Beziehung zur Landschaft, ... die historische Dorfstrukktur und Bausubstanz ... gegeben... Hier liegt die Verantwortung all derer, die in diesen Prozeß mit einbezogen sind. Gerade hier muß das Zusammenwirken von dörflicher Gemeinschaft, politisch Verantwortlichen, Landschaftsplanern und Architekten eingefordert werden".

Posted by gugragu at 18:39
Edited on: Sonntag, März 25, 2012 17:43
Categories: Behördenwillkür, Kulturlandschaft, Pflasterstrassen, Regionalentwicklung